Vom 27.-30. September eine Reise in die Aktualisierung des Charismas

Das Vinzenzfest war dieses Jahr keine Eintagsfliege; es dauerte 3 Tage lang! Nicht nur war der 27. September der Heiligentag, sondern auch der Start einer Serie von Veranstaltungen mit dem Motto „Willkommen (auch) dem Fremden“ am Gelände der Gögginger Straße.

„Wir wollen feiern und gemeinsam den Blick auf diejenigen schärfen, die man nicht übersehen kann und die doch oft außerhalb unseres Blickwinkels bleiben.“ Das klang in der Einladung an. Begonnen hat es mit einer Reihe von Fragen an den hl. Vinzenz: Wo hat der hl. Vinzenz persönlich Fremdheit erlebt? Wo ist er Fremden begegnet? Wo sind die Parallelen mit uns? Wo habe ich mich schon als Fremder gefühlt? Diesen Fragen ist Sr. Veronika in ihrem originellen Vortrag nachgegangen. „Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“ war das dahinterstehende Zitat aus einem Dialog von Karl Valentin.

Lehrer: Was ist ein Fremder?

Max: Ja, ein Fremder ist nicht immer ein Fremder.

Lehrer: Wieso?

Max: Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.

Lehrer: Das ist nicht unrichtig – und warum fühlt sich ein Fremder nur in der Fremde fremd?

Christina: Weil jeder Fremde, der sich fremd fühlt, ein Fremder ist, und zwar so lange, wie er sich nicht mehr fremd fühlt, dann ist er kein Fremder mehr.

Lehrer: Sehr richtig! Wenn aber ein Fremder schon lange in der Fremde ist, bleibt er dann ein Fremder?

Sarah: Das ist nur so lange ein Fremder, bis er alles kennt und gesehen hat, denn dann ist ihm nichts mehr fremd.

Damit der Fremde „alles kennt und gesehen hat“, muss er Zugänge, Mittel und Öffnungen in die Integration der neuen Umgebung erfahren. So müssen Nicht-Fremde sich Fragen gefallen lassen wie: Wo begegnet mir der Fremde? Muss er fremd bleiben? Wie lange bleibt er fremd?

Am 28. September hat die Ausstellung „Flucht. Und jetzt?“ einige dieser Zugänge und Öffnungen ermöglicht.

Werke von zwei Fotografen: Mustafa Mukhtari aus Afghanistan über seine 35tägige Flucht und von Mercan Fröhlich Mutluay aus der Türkei sind Teil einer Ausstellung, die bis 29. November im Foyer des Mutterhauses zu sehen ist, die Bilder sind auch erwerblich.

Die Idee der Ausstellung entstand im Rahmen der diesjährigen Vertiefung von Themen wie Identität, Anderssein, Inklusion, Migration, Flucht, Armut, Integration – gemeinsam mit den Schwestern und den Mitarbeiter*innen. Es geht um schwere Themen, die die gesellschaftliche Stimmung unserer Zeit prägen. Herr Mokhtari war seit 1989 immer wieder auf der Flucht aus seinem Heimatland in die Nachbarländer, praktisch seitdem die Taliban die Regierung gestürzt hatten und jede Freiheit des Ausdruckes (Fotografie eingeschlossen) verpönten und verfolgten. 2015 vertraute er sich Schleppern an, die ihn gegen viel Geld die Ausreise nach Deutschland ermöglichten. Hier hatte er Glück und kam über Helferkreise in Kontakt mit dem Neruda Café in Augsburg, wo er die Fotografin Mercan Fröhlich Mutluay kennen lernte. Mercan kommt aus der Türkei, hat in Bayreuth Biologie studiert und ist mit einem Deutschen verheiratet. Sie hat die Not, die Ängste, den Willen nach Integration von Mustafa erkannt. Mit ihrer Kamera hat sie wiederum viele seiner merkwürdigen Erlebnisse, Empfindungen, Assoziationen festgehalten und auf eigene Weise aufgearbeitet.

Die vielen Gäste waren beeindruckt, ja emotional mitgenommen. Wenn man dem Menschen gegenübersteht, dann verschwinden die Trockenheit und die Distanz der Zahlen und der möglichen Fragezeichen.

Bei der Veranstaltung hat der Mitbegründer des Augsburger Vereins „Tür an Tür“, Mathias Schopf-Emrich das Thema „Asyl und Flucht seit 2015“ erläutert.

Am Sonntag folgte dann der Abschluss dieses memorablen Triduums zu Ehren des Hl. Vinzenz mit einer feierlichen Messe, musikalisch gestaltet von dem Friedberg Symphoniker Orchester unter der Leitung von Dr. Ferdinand Reithmeyr.